Dienstag, 22. April 2014

Das Paradeiser-Wagnis

Hallo,

für die werte Leserschaft jenseits des Rhein-Weißwurstäquators: Der Paradeiser steht in meinem Südosthochdeutschen (sich !) Sprachgebrauch für die Tomate.

Was hat die mit dem Wetter zu tun ? Nun, der Blogger ist Hobbygärtner und geht entgegen jeder Profi-Warnung mit dem doch recht kältempfindlichen Kraut samt diverser Paprika- und und Chilipflanzen alljährlich schon früh im April ins Freie... so geschehen an diesem Osterwochenende.

6x mal in Folge gemacht, 6x ist es gut gegangen und somit konnte ich schon ab Juni die Wasserparadeiser aus dem Supermarkt boykottieren.

Wird es auch diesmal gut gehen ? Nun, da steckt schon wettertechnisches Kalkül und in jedem Fall eine Portion Risikobereitschaft dahinter, denn der April macht was er will und somit leiten wir die heutige Mittelfristbetrachtung - die sich durchaus als gefinkelt erweist - ein.

So sieht EUMETSAT die Gschicht heute von oben:


Zu sehen ist ein einziges markantes Kaltfrontband vor der Iberischen Halb- und den britischen Ganzinseln (spiegelt sich auch in deren Einstellung zur EU wider.. ;)

Dazwischen - über Kerneuropa herrscht ein ziemlicher Fleckerl (dtsch: Flicken) teppich an Schauern, Quellwolken und Gewittern .... ein solches Schauerl zieht gerade sacht vereisend auch vor meinem Bürofenster auf...


Dazu passt auch die Frontenkarte:



Der Kern Europas liegt in der sich erwärmenden Kaltluftmasse der Kette von kleinen Höhentiefs, in die sich der Kaltlufteinbruch von letzter Woche mittlerweile in beinahe Wohlgefallen aufgelöst hat.... vom Balkan kommend hauchen sie jetzt ihr Leben aus.... von kräftiger Konvektion, die unten kühlt und oben erwärmt freundlich zerkocht.

Anhand der Isolinien der Relativen Topografie - grafisch hochwertig in giftgrün gehalten - sieht man wo sich Hitze und Kälte verbergen. Hitze ist an der Vorderseite einer Welle über Lybien eingezogen, die Eiseskälte hält sich z.B über Nordskandinavien. Die geneigte Vielleserin weiß, dass man zur Abschätzung dessen, was denn da charakterlich kommen mag die Zoomstufe erniedrigen  und auf die hemisphärische Skala gehen muss....

und das sieht so aus:


Zum besseren Verständnis habe ich die Zirkumpolarkarte in 4-tel und 8-tel eingeteilt.... und jetzt machen wir ein paar einfache Überlegungen. Vergleicht man die linke untere Hälfte mit der rechten oberen sieht man eindeutig wo den Bartl den Most herholt und wo er ihm einfriert.....  Links unten hat viel mehr rot und lila als rechts oben.... es ist in unserem Eck viel wärmer als drüben in Asien, der Kältepol liegt exzentrisch dorthin verschoben.

An großen Wellenzügen rund um den Pol zählt man 6 bis 7 Tröge/ Keile... das ist nicht allzu viel.  Schon einer der Wegbereiter der modernen Synoptik - Rossby - hat mit seiner einfachen Gleichung über die Verlagerung planetarer Wellen gezeigt, dass je länger die Wellenzüge sind (wenige Wellen - große Wellenlänge) diese tendenziell eher gegen den Grundstrom als mit ihm ziehen .... so etwas hat also das Potential der Verlagerung nach Westen... ganz im Konkreten der eiskalte Bereich über dem nördlichen Sibirien hat eine Tendenz zur Verlagerung nach Westen.. was z.B im EZ Lauf von gestern 12 Uhr zu einem für die Paradeiser verheerenden Trogausbruch in gut 8 Tagen geführt hätte....



.. heut ist alles anders - obwohl eigentlich gar nicht so viel anders.... :


Der Eumel aus Sibirien wandert in der Mittelfrist nach wie vor nach Westen, den direkten Strom nach Europa schneidet ihm aber ein vom Atlantik hereinziehendes Tief ab, das des Eumels Kaltluft weit hinaus auf den Atlantik lenken würde... was in der Folge zu einer Aufsteilung der Strömung über Europa und neuerlicher markanter Erwärmung führen würde.

Paradeiser on the safe side....


Summa summarum bleibt aufgrund der aktuellen Wellenverteilung der Trend auf Low Index mit einem Trend zur Verschärfung der Luftmassengegensätze zwischen einem kalten Nordosten und einem warmen Südwesten...  womit  sich aber zeigt, dass der Blogger diesmal wirklich was riskiert... denn die Hoffnung des Überlebens der Pflänzchen auf das Eintreffen eines Atlantiktiefs in 6-8 Tagen zu legen, das eventuell die Kaltluft des westwärtswandernden Sibiriers in einer Abwehrreaktion nach Westen umlenkt .... ist für gewöhnlich die Hoffnung eines Dodels... ;)


In diesem Sinne ...

LG und schönen Abend

Manfred

Freitag, 4. April 2014

Sandler....

.. bekommt dieser Tage eine neue Bedeutung.

Hallo nach langer Pause aus dem staubigen Wien,


Sandler ist für den Blogger dieser Tage ein staubiger Höhenwind, der irgendwann mal schon die Saharaoberfläche geküsst hat. Sand in der Luft bringt zwar die Atmosphäre nicht durcheinander, wohl aber die Modelle, die diese zu beherrschen versuchen. Teils gigantomane Fehlprognosen sind die Folgen ....

Wie ? Das bissl Sand blockt die Sonne ?


Nicht direkt... aber indirekt. Sand in der Luft fördert die Bildung von *normalen* Eis und Wasserwolken massiv. Sand in der Luft kann normale Gewitter auslösen oder begünstigen.....

Hier sehen wir solch sandinduzierte Wolken auf dem EU-NA Auschnitt:


Auffallend ist der sich antizyklonal kringelnde Schirm über Frankreich/Benelux/Deutschland, sowie das Band, das sich von diesem ausgehend nach Osten über die Alpen zieht.

Die Strahlungstemperatur beträgt beinahe -70 °C, sie sind also extrem hochreichend und auch optisch dick.

Hier der Zoom auf das Band über den Alpen:


Dieses Band war in keinem Modell vorhergesagt und obwohl es nur aus hohen Wolken besteht sind diese so dick, dass die Stimmung darunter sehr sehr trüb blieb und die Temperaturen letztendlich 7 Grad unter dem Sonne-pur Niveau liegen...

Die grazilen Details offenbaren sich bei tiefem Sonnenstand in der Früh:


Hier wird aus der Einheitsgrauen Fläche des IR Kanals ein zierlicher Rippelteppich, die gesamte Oberseite der Wolkendecke besteht aus kleinen und kleinsten Quellungen.

Auch dafür ist der Sand verantwortlich ... Luft allein kühlt ohne Kontakt zu einer festen Oberfläche auch in der Nacht von sich aus kaum ab, verliert keine langwellige Strahlung ins Weltall. Ist aber viel Staub da oben .. und dieser ist ein Festkörper ... verliert er in der Nacht der wohl Wärmstrahlung , kühlt ab und kühlt die Luft durch Kontakt mit. Abkühlung am Oberrand der Troposphäre führt zu Labilisierung, die ursprünglich stratiforme Cirrendecke wird konvektiv durchsetzt.

Der selbe Prozess hat vorgestern am Vormittag zur Bildung eines gewitters geführt, das unter nicht sandigen Bedingungen nicht entstanden wäre....

Woher kommt der Sand ? Nun, vorgestern ging über Marokko der Sturm ...



Vor einer vom Atlantik hereinrauschenden Kaltfront erreichte der Wind aus der Wüste in Spitzen mehr als 100 km/h. das wirbelt natürlich jede Menge Zeug auf... das die Höhenströmung mit sich trägt...


erst nach Nordosten:


.... und dann durch die Amplifzierung und Abschnürung des Mittelmeertiefs direkt nach Norden, gen Frankreich....



.. und von dort über Deutschland an der Vorderseite des sich Amplifizierenden Höhenkeiles aus Nordwesten zu den Alpen. Eine lange Reise ... mit bösen Folgen für die Modelle, die eben nur mit Standardaerosolkonzentrationen arbeiten ....


Nun, wenn es so weiter geht, dann brauchen wir bald keinen Wüstenwind mehr um Sand und Staub aufzuwirbeln. Es ist gerade am Alpenostrand - no - na - ned - staubig und extrem trocken. Auf die nächsten 4 Tage ...


.. ist kaum mit Regen zu rechnen, abgesehen von der Chance auf ein paar Gewitter am Sonntag.

In den nächsten 10 Tagen ...



... geht der Osten behende weiter Richtung Steppenklima. 0-10mm Niederschlag (Achtung: Einheiten auf obiger Karte sind in cm) sind so gut wie nichts.

Mal schaun, wie viel Kamele dieser Tage kosten....


LG

Manfred