Dienstag, 4. September 2012

Scharfe Kontraste aus der Geierperspektive

Hallo,

mittlerweile habe ich mich mich auch körperlich an die neue Zeitzone gewöhnt, und auch das Wetter in Melbourne spielt diesmal mit... strahlender Sonnenschein und Werte über 20° (was im frühen Frühling alles andere als selbstverfreilich ist) haben die Umstellung wettertechnisch ziemlich smooth verlaufen lassen.

Mit dem neutralen Blick der absoluten Unbefangenheit bezüglich des europäischen Wettergeschehens ausgestattet, kann der Blogger wieder das große Bild ins Auge fassen. Unter dem großen Bild verstehe ich z.B. jenes, das sich im Moment aus 36.000km Höhe, also aus Satellitenperspektive bietet. Da sieht man Schönes ..


Ich möchte Euren Blick auf das enorme Tiefdruckgebiet mit seinem Zentrum nahe Island lenken. In Farben dem IR-Bild unterlegt, die Kenner des Blogs wissen das ja schon, ist der Energieinhalt der Luft. In Rosatönen sind die warmen/heißen Luftmassen gehalten, in grün und Blautönen die kalten. Man sieht, dass fast ganz Kontinentaleuropa noch in der warmen Luftmasse schwelgt, in der das giftige Italientief der letzten Tage nun langsam seinem Ableben entgegen geht. Blickt man hingegen auf Westeuropa, so eröffnet sich einem ziemlich schnell, dass hinter dem langestreckten Wolkenband, welches sich dem Islandtief zugehörig zeichnet, sehr grüne/kalte Luft heranrast. Das Band, das die Luftmassen von einander trennt, ist eine markante Kaltfront.

Hier in der Modellluftmassenanalyse:


Luftmassenanalysen kann man auch rein vom Satelliten aus durch Betrachtung, Kombination und Subtraktion verschiedener Satellitenkanäle erhalten... es ergibt sich dann dieses Bild:


Hier sind die Wolken in Weiß dargestellt, in Grün ist feuchte und warme Luft gehalten, in Rot extrem trockene Kaltluft. Geht man in das Kerngebiet des Sturmtiefs nahe Island, sieht man wie eine rote Schliere, also sehr trockene Kaltluft in hohen Atmosphärenschichten um den Kern gewirbelt wird. In diesem Bereich ist die Tropopause, also die Grenze zwischen Troposphäre und Stratosphäre so stark deformiert, dass Stratosphärenluft in die Troposphäre gemischt wird, was über Umwege eines der Hauptnahrungsmittel für die Sturmzyklone darstellt.

Man kann in den Wettermodellen einen Indikator für solche eindringende Stratosphärenluft festmachen, die IPV (isentrope potentielle Vorticity). Ohne Euch mit der Formel auf den Geist zu gehen, hier einfach das Bild der IPV zum obigen Zeitpunkt:


Diese so genannte IPV-Anomalie passt 1:1 zur roten Schliere im Luftmassen-Satellitenbild bzw. schmiegt sich an deren Vorderseite. Solche doch extremen Luftmassengrenzen gibt es (fast) überall auf der Welt, ein besonders kräftiges Beispiel gibt es gerade auch im Westen Australiens, wo ja der Winter in schweren Rückzugsgefechten steckt... das sieht auf der Seite der Erde, auf der man Kopf steht, so aus:


Passend dazu die Frontenanalyse:


Man beachte einmal mehr, dass Süden hier die kalte Richtung ist, Norden die warme :)

Zurück nach Europa, der Wiege der Unkultur.... die Vorhersage der Modelle für Zentraleuropa ist klar, die Kaltfront wird die noch spätsommerlichen Luftmassen von Mittwoch auf Donnerstag nach Süden hin vertreiben...


... und mit dem folgenden Azorenhochausläufer werden vor allem in windgeschützten Lagen die Nacht auf Freitag schon knackig frisch ausfallen, unter Umständen lokal auch zu frisch für manch Sommerkräutlein.

In diesem Sinne, genießt die verbleibenden ca. 36h Stunden bis Kaltfrontdurchgang.

Bis demnächst !

Manfred

3 Kommentare:

  1. Hallo Manfred!

    Es wäre schön, wenn du dennoch nochmal kurz ausführen könntest was mit der IPV genau gemeint ist.
    Die absolute Vort spiegelt ja die Kombi aus Erdrotation und Wettersystemen wider, dann gibt die relative und was ist nun die isentrope potentielle Vorticity??

    Ansonsten danke für den Beitrag, schöne Eindrücke!

    Wie kann man sich den grünen Streifen im ersten Komposit (also 1.Bild ganz oben) über Deutschland erklären, nördlich jener Luftmassen von Österreich?

    Dankeschön schon im Vorhinein

    Lg, Stefan

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    1. Hallo Stefan,

      um hier die Natur der IPV im Detail zu Erklären, muss man dann doch etwas höhere Mathematik bemühen, aber die Idee kann man auch mit Worten erklären. Es gibt in der Atmosphäre für die verschiedenen beteiligten Energien jeweils Erhaltungsprinzipien. Wichtig sind z.B die Erhaltung des Impulses (kinetische Energie) die Erhaltung des Drehimpulses (Prinzip der Erhaltung Vorticity), Erhaltung der Entropie (potentielle Temperatur), Erhaltung der Masse usw usf. Mit Hilfe des Ertel-Satzes kann man diese verschiedenen Prinzipien miteinander kombinieren und erhält in einer speziellen Formulierung über Kombination von potentieller Vorticity und potentieller Temperatur die IPV als eine der härtesten Erhaltungsgrößen, die die Charakteristik einer Luftmasse weitestgehend in sich vereint. Mit der IPV kann man also Luftmassen ziemlich kompromisslos voneinander unterscheiden und im konkreten Fall sage: DIESER Einschluss stammt aus der Stratosphäre, egal welchen vertikalen Versetzungen er ausgesetzt war... Ich hoff das hilft ein bisschen.

      Lg

      Manfred

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    2. Danke, mir dämmerts schon ein bisschen!

      Aber wie du schon richtig schreibst muss man sich von wahrscheinlich intensiv mit der Thematik auseinandersetzen, um die Komplexität der IPV zu verstehen.

      Lg

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Da kenntat ja jeder kumman ...! Dennoch ... Hier ist Platz dafür :) !