Sonntag, 20. Januar 2013

Auffrischung: Was ist ein Vortex Vindobonensis ?

Hallo,

bevor wir kurz und knapp (es ist ein wunderschöner Sonntagnachmittag in MEL) ins Thema einsteigen, nämlich den Verwirrungen und Verwirbelungen von Luftströmungen, schauen wir uns einmal den großwetterlagentechnischen Background der aktuellen Situation an:



Der Alpenraum wird momentan an der Vorderseite einer EX-Sturmzyklone mit Kern über Frankreich bzw. dem westlichen Mittelmeer vom Föhn in die Zange genommen.

Weil's so schön ist, hier deren Entwicklung:







Da werden heute teilweise extreme Unterschiede in den Höchsttemperaturen in den Alpentälern auftreten, je nach dem wo der Föhn durchgreift oder nicht sinds 12 oder -4 Grad....  da das mehr mit Stochastik als mit Vorhersage zu tun hat, wenden wir uns einem kleinen Phänomen zu, dass man vorhersagetechnisch (vielleicht) schon besser in den Griff bekommt.

Es wird sich heute im Tagesverlauf aller Voraussicht nach ein Vortex Vindobonensis bilden. Auf Deutsch heißt das Wiener Wirbel (nicht Wirbel in Wien).

Der Vortex ist eine mesoskalige Verwirbelung (mesoskalig heißt ein par 10 km groß) der Windströmungen am Alpenostrand, die dann auftritt, wenn mit auffrischendem Südwind über Ungarn warme Luft herangeführt wird.

Die Lokalmodelle sind in der Lage, dieses Phänomen vorherzusagen:


Man sieht im Forecast für heute 15 Uhr, wie über Ungarn, dem Burgenland sowie dem Marchfeld und Teilen des Weinviertels kräftiger Süd bis Südostwind simuliert wird, der Wind im westlichen Weinviertel aber aus Norden wehen soll, über Wien und dem Wr. Becken aus Nordwest bis Nord und wie das ganze nach einem geschlossenen Wirbel aussieht.

Der Vortex hat extreme Auswirkungen auf die Temperaturvorhersage:


Man sieht auf der milden Seite des Vortex (Süd bis Südostwind) deutliche Plusgrade und auf der kalten Seite (Nord bis Nordwestwind ebenso deutliche Minusgrade im Modell.

Wie gibts das ? Nun, es gibt mehre valide Möglichkeiten den Vortex zu beschreiben, eine dynamische und eine mehr statische Variante. Der Einfachheit halber bemühe ich die statische Variante.

Allen Blogleserinnen wird es schon einmal untergekommen sein, dass kalte Luft eine höhere Dichte aufweist als warme. Demenstprechend erzeugt eine 1000m dicke Schicht aus kalter Luft mehr *Druck* am Boden der Schicht als es eine ebenso 1000m dicke Schicht aus Warmluft tut, in der eben weniger Masse steckt.

Die Schichtung ist momentan so, dass in den unteren Schichten sehr kalte Luft liegt und in 850 hPa schon sehr warme.

Wenn nun im Lauf des Tages der Südwind über Ungarn die Kaltluftschicht wegradiert, wird diese logischerweise von Warmluft geringerer Dichte ersetzt. Gegenüber den Gebieten (z.B Wien, Wr. Becken), wo das noch nicht passiert ist, fällt dort also der Druck. Dieses Druckgefälle spürt die Kaltluft über Wien und dem Alpenvorland sofort und beginnt in den tieferen Druck hineinzufließen. An der Grenze zwischen der Katluftlinse und der Warmluft liegt eine Tiefdruckrinne, manchmal sogar ein abgeschlossenes Bodentief, und hält diese Situation lange genug (mehr als ein paar Stunden) an, bildet sich ein kompletter Wirbel.

Oft wird so über Westpannonien aus vorhergesagtem Süd bis Ostwind, ein Nord bis Westwind. Und so lange  der Wirbel so liegt, hat auf der Westseite des Wirbels die Warmluft nichts zu melden.

Was aber geschieht, ist, dass über den Verlauf von Stunden natürlich immer mehr Warmluft in den Vortex reingewirbelt wird und sich die Kaltluft allmählich erwärmt. Das kann den Wirbel bis hin zum Zusammenbruch schwächen.

Im heutigen Fall sieht es so aus, als dass das nicht geschehen wird. Mit dem Zug des Tiefkerns südlich der Alpen nach Osten dreht schon in der Nacht auf Monatg der synoptische Bodenwind immer mehr auf West bis Nord, sodass die Kaltluft, die über über Tschechien und Deutschland immer noch lagert, allmählich wieder gegen den milden Einspritzer über Ungarn vorgehen wird.

Man sieht also: Bei solchen Lagen ist die richtige Einschätzung des Vortex essentiell für eine korrekte Bundeslandprognose ;), textlich, warntechnisch, wie auch immer.

Schönen Sonntag

Lg

Manfred

4 Kommentare:

  1. Vielen lieben Dank Manfred! Heute wurde bei mir wieder eine große Gedächtnislücke die schon länger klaffte erfolgreich geschlossen!!
    Mach einfach so weiter mit unser allem Blog denn du machst das spitze! und übrigens liebe ich deine Vertipper von denen ich heute nix gesehen hab.
    Liebe Grüße nach Down Under

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    1. Danke :-) Die Vertipper liegen oft daran, dass ich die ganze Story oft relativ schnell im Kopf habe, mir allerdings mein 2einhalb-Finger Tippsystem doch ordentlich bei der Umsetzung im Wege steht bzw. der Kopf schon wo anders ist als es die Finger sind ....

      Lg

      Manfred

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  2. Hallo!

    Danke für deine interessanten Beiträge!

    Ich hätte ein frage bezgl. GFS:

    Warum rechnet GFS so oft bei Italientiefs keinen Niederschlag über Ostösterreich? Morgen wäre es bei GFS komplett trocken. EZ rechnet den Niederschlag ja weiterhin.

    Solche Fehler passieren bei GFS mindestens 10 mal im Jahr. Liegt das an der niedrigeren Auflösung von GFS?

    Liebe Grüße

    stesso

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    1. Hi Stesso,

      Ich kann die Frage des *Warum* wahrscheinlich nicht zufriedenstellend beantworten, dass es so ist, dass das GFS öfter komplett danebenhaut als das EZ kann ich bestätigen. Das GFS hat eine geringere Auflösung (ich denke 27km vs. 16 beim EZ) und vor allem auch eine andere Initialisierung.

      Die bessere Performance vor allem in der Mittelfrist bestätigt die permanente Verifikation. Dennoch, man kann sicher nicht sagen, das GFS sei ein schlechtes Modell und wir Wetterinteressierten sollten es dem NCEP bzw. der NOAA hoch anrechnen, das es für alle kostenfrei einsehbar ist. Ich hatte Jahrelang nichts anderes als GFS zur Verfügung (vor der Arbeit), und ich konnte auch mit GFS alleine durchaus brauchbares vorhersagen, ohne mich da jetzt zu loben .... ;)

      Lg

      Manfred

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Da kenntat ja jeder kumman ...! Dennoch ... Hier ist Platz dafür :) !