Montag, 26. September 2011

Antizyklogenese und Zyklogenese (News zu Taifun NESAT)

Hallo,

bevor ich mich wieder zu NESAT äußere (was quasi eine moralische Verpflichtung ist, auch wenns nur die wenigsten interessiert .. ;) möchte ich mich dem ersten Teil der Überschrift widmen... Antizyklogenese. Ein Unwort ? Nein, nur obergscheit für *Bildung eines Hochsdruckgebietes. Zur Wortaufdröselung: Anti: Gegen. Zyklo: meteorologisch für  *gegen den Uhrzeigersinn*. Genese: *Das Werden*. Also Das Werden eines Dings, das gegen gegen den Uhrzeigersinn rotiert :D. Zwei mal gegen macht mit, demnach ein Druckgebilde, das im Uhrzeigersinn rotiert. Ein Hochdruckgebiet also.. warum einfach, wenns auch kompliziert geht...

Viel liest man von rasanten Tiefbildungen, die sind meist auch meist interessanter, da hier Regen, Sturm etc pp. involviert sind. Die Bildung von Hochs wird hingegen von Extremwetterfans meist nur als Kollateralschaden (Schaden in Bezug auf wettertechnische Langeweile) wahrgenommen.

Heute werden wir uns aber einer rasanten Keilogenese ( ;) ) widmen, die in den nächsten Tagen über Europa stattfinden wird, der rasanten Bildung eines zentraleuropäischen Hochs.

Artverwandte Themen: Downstream Development und Gradientwind.

Der Jetloop der kommenden 8 Tage:





Am Beginn der Sequenz sehen wir, wie ein Jet über die Britischen Inseln nach Nordosten gerichtet ist ...



Später taucht aus Westen ein neues Maximum auf (Zeichen eines herannahenden neuen Troges..)...


Der Keil über den Britischen Inseln verstärkt sich ...


.. gerade zu explosiv ...



Die Strömung über den Alpen dreht auf Nord und Nordost ... Über Dänemark taucht ein neues antizyklonales Zirkulationszentrum auf ...


das sich auch danach kaum noch verlagert. Die Frontalzone wird weit um das bombenstarke Hoch herumgelenkt...



und um das Hoch herum sieht man ein dünnes, kreisförmiges, Starkwindband mit mehr als 50 kt Windgeschwindigkeit...

Was man hier sieht ist klassisches Downstream Development, also wenn man will, auf Deutsch eine Entwicklung, die stromabwärts einer anderen Entwicklung geschieht, und mit dieser zusammenhängt.


Der neue Trog, der auf Bild 2 hereinkommt bringt an seiner Vorderseite massive Warmluftadvektion und baut von den Britsichen Inseln das Hoch rapide auf. An der Ostflanke des immer stärker werdenden Hochs muss die Strömung immer mehr auf Nord drehen, damit gelingt polaren Kaltluftmassen der Vorstoss aus dem hohen Norden Richtung Osteuropa, wo sich in ca. 100 Stunden ein markantes Höhentief über dem Schwarzen Meer abschnürt.

Die Dinge geschehen Hand in Hand und sind voneinander abhängig, wenn man möchte kann man es auch als Kettenreaktion bezeichnen.

Das ringförmige Starkwindband auf dem letzten Bild ist eine direkte Folge der Gradientwindgleichung. Diese Gleichung ist eine vereinfachte Windgleichung, die Druckgradient, Corioliskraft und Zentrifugalkraft in eine Beziehung setzt. Die Direkte Folge: Um ein Hoch herum muss die Luft schneller strömen als um ein Tief (bei gleichem Krümmungsradius und bei gleichem Druckgradienten). Das führt unter anderem dazu, dass bei gegebenem Druckgradienten die Krümmung eines Hochs nicht beliebig groß werden kann, bei einem Tief hingegen schon. Synoptisch gesehen sind Sturmhochs  daher im Gegensatz zu Sturmtiefs nahezu ausgeschlossen. 

Weht im Einflussbereich eines Hochs der Wind in Sturmstärke, sind meist katabatische Effekte (Föhn, Bora) daran schuld. 

Von der rapiden Antizyklogenese zur rapiden Zyklogenese: NESAT.

Es hat sich etwas getan .... 3 Satellitenbilder von 05 Uhr früh:




.. in der Abfolge sichtbarer Kanal, Infrarot und Wasserdampf.  Mit dem Kern ca. 900 km östlich von Manila sieht man einen schmalen, Keilförmigen Einschnitt an der Nordwestflanke des Sturms. Das ist ein Einschub trockener Luft. Ganz simpel gesagt stört das den Energiehaushalt eines tropischen Systems ein wenig, deswegen geht das JTWC im Moment nicht mehr von der Bildung eines Supertaifins (mehr als 125 kt Mittelwind) aus, sondern geht in seiner neuesten Prognose beim Landfall in gut 18 Stunden von Kat 3 und 100 kt aus. Danach wird sich NESAT in den folgenden 12 Stunden über Luzon bewegen, sich auf TS abschwächen und danach über dem Südchneisischen Meer nur ganz allmählich wieder intensievieren, wobei ihn sein weiterer Zug südlich an Hong Kong vorbei Richtung Hainan führen sollte...

Hier eine akt. Trackgrafik von Wunderground basierend auf dem JTWC


womit das Damokelsschwert eines ausgewachsenen Supertaifuns an Luzon vorbeipendeln dürfte, nicht aber jenes eines ausgewachsenen Kat3.. umso kritischer dabei die jetzt schon angespannte Hochwasserlage in einiges Landesteilen ...

Mal sehen ob dieser optimistischere Trend in 12 Stunden auch noch haltbar ist.

Gruß

Manfred

3 Kommentare:

  1. Danke!

    Mich würde nur noch interessieren, warum der Krümmungsradius bei einem Hoch nicht beliebig groß werden kann?

    Lg, stefan

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  2. Hi, mathematisch lässt sich das leicht erklären... die Lösung der Gradientwindgleichung kommt der Lösung einer quadratischen Gleichung gleich... im Fall der Strömung um ein Hoch liegt die Lösung für einen gegebenen überkritsichen Radius und eine gegebene Geschwindigkeit nur mehr im imaginären, d.h real nicht existenten Bereich. siehe

    http://de.wikipedia.org/wiki/Gradientwind

    Praktisch gesprochen: Im Fall eines Tiefs balancieren sich Druckgradient und Zentrifugalkraft recht gut.. die eine wirkt ins Tiefzentrum hinein, die aus diesem andere hinaus.. im Fall eines Hochs wirken beide aus dem Hochzentrum hinaus... und es gibt eine Grenze, ab der die Corioliskraft, die das noch kompensieren könnte, aber nur abhängig von der Breite ist, die Summe beider nicht mehr kompensieren kann. Ein überkritisches Hoch wird dadurch instabil... Masse fliesst ab, Druck wird abgebaut, solange bis das Gleichgewicht, abhängig von der Latitude wieder real ereicht ist .. Ich hoff, das hilft..


    Lg

    Manfred

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  3. Ja, interessant. Und Google werd ich mir noch reinziehen ;)

    Lg

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Da kenntat ja jeder kumman ...! Dennoch ... Hier ist Platz dafür :) !