Donnerstag, 4. März 2010

QG, Norwegisches Modell, Conveyor Belts, Modelle und die Natur

Hallo,

im Lauf der letzten Jahre habe ich mich mehr und mehr als aktiver Schreiber aus den bekannten, großen deutschsprachigen Wetterforen zurückgezogen. Wenig verfügbare Zeit ist der eine Grund, mangelnde Wertschätzung für aufwändige Postings der andere, der 3. ist, dass das gesammelte Halbwissen aber oft auf keine Kuhhaut mehr geht.

Wenn man bei der wissenschaftlichen, begründenden Betrachtung des aktuellen oder zukünftigen Wettergeschehens sich nie der Mühsal der theoretischen Herleitung der Konzepte unterzogen hat, bringt man zwangsläufig verschiedene Konzepte, bildhafte Modelle, Modellierung und das tatsächliche Phänomen durcheiander. Dann knallen Tröge rein, dann sorgt die positive Vorticityadvektion für schwere Gewitter, dann wird die Omega-Gleichung vergewaltigt und dann werden Experten, die das richtig stellen wollen, blöd angepöbelt. Das ist natürlich nicht nur in der Meteorologie, im Speziellen der Synoptik so, das kennt man auch beim Arzt und den Patienten die irgendetwas in der *Bunten* gelesen haben, und gleich mal gscheiter als der Arzt sind... 

Der häufigste Fehler, den so genannte Hobby-Profis begehen, ist dass sie irgendetwas von der Omegagleichung mal gelesen haben und diese im Satellitenbild 1:1 wieder finden. Die Omegagleichung ist eine Gleichung für die Verteilung der Vertikalgeschwindigkeit in der Atmosphäre, die aus einem sehr simplifizierten Modell der Atmosphäre stammt, auch als quasigeostrophische Theorie benannt. Dieses Modell ist dazu da, sich mit erträglichem formalen Aufwand ein Verständnis des *warum* in der Atmosphäre zu verschaffen. Sehr simplifiziert (im darauf aufbauenden Schichtenmodell der Atmosphäre 2 oder 3 Schichten statt Kontinuum, Advektionen durch den (theoretischen) beschleunigungsfreien geostrophischen Wind approximiert) liefert es ein qualitativ tragbares, quantitativ aber völlig falsches Modell der Atmosphäre.  Die resultierenden Vertikalbewegungen sind der Art, dass sie Abweichungen von einem Gleichgewichtszustand instantan wieder ausgleichen. Die Aussagen über die Hebungs- und Absinkvorgänge im Zusammenhang mit Trog- und Keilachsen beruhen auf Assumptionen der vertikalen Verteilung der Vertikalbewegung, die zwar logisch, aber sicher nicht gottgegegeben sind. All das wird oft nicht verstanden, aber Hauptsache Tröge knallen mit ihrer PVA rein.

Die Wettervorhersagemodelle verwenden die QG-Theorie nicht, sondern bauen direkt auf den Gas- und kontinuierlichen Erhaltungsgleichungen unter Einbau der Interaktion mit anderen Medien, Boden, Ozean, etc auf.  Sie können die Vorgänge hinreichend gut modellieren, die Ergebnisse entsprechen oft den Strukturen, die wir am Radar, am Satellitenbild, an den Wetterstaionen sehen können, warum die Hochs und Tiefs aber so aussehen wie sie aussehen, das ist anhand der Modelle nicht mehr verständlich und nachvollziebar.

Zu diesem Zweck verwendet man konzeptionelle Modelle. Konzeptionelle Modelle dienen zur anschaulichen Verdeutlichung des *warums*. Das warum wird wie in der QG Theorie (derer man sich bei konzeptionellen Modellen z.B auch bedient) qualitativ, aber nicht quantitativ beantwortet.

Ein sehr berühmtes konzeptionelles Modell ist das *norwegische* Modell zur Bildung der aussertropischen Tiefs (auch Polarfronttheorie) genannt. Es geht von einer Wellenbildung an der (sehr theoretischen) Polarfront, einer scharfen Luftmassengrenze zwischen kalter Polarluft und warmer Subtropenluft, aus, die sich aufgrund nichtlinearer Kopplungen vertieft und zu den klassischen Spriralzyklonen führt.

Andere konzeptionelle Modelle haben die Fälle der Rapid Cyclogenesis und der SHPK Zyklogenese hervorgebracht. Die Erklärung erfolgt hier in der relativen Welt, in dem sich der Beobachter mit dem ziehenden System mitbewegt und darauf schaut welche Strömungen relativ zum betrachteten System auftreten. Die Einbeziehung stratosphärischer Luftmassen (dry Intrusion) spielt hier eine wesentliche Rolle bei der Erklärung der Entwicklung und Form des Phänomens. Quantitativ erfolgt aber auch hier keine Begründung.

In den hochkomplexen Vorhersagemodellen werden diese Arten der Zyklogenese aber eindrucksvoll repräsentiert.

Die konzeptionellen Modelle sind also dazu da um einen vereinfachten Blick auf den Kern der synoptischen Wahrheit zu werfen, den uns die exakten Gleichungen allein aufgrund unseres beschränkten nichtlinearen Auffassungsvermögens, zumeist verweigern, ausser man ist ein aschenbechertragender Superkapazunder.

Succus: Wenn man sich also keine Mühe gibt und nur auf die Früchte derer, die sich der Mühsal der Herleitung unterzogen haben, zurückgreift, ist die Chance sehr hoch, dass man Kraut, Rüben, Äpfel, Birnen und Melonen durcheinanderbringt und mit tiefster Überzeugung zum Himmel schreienden Schwachsinn (wässrigen Obstsalat) von sich gibt. Ich bin da denke ich keineswegs präpotent unterwegs, sondern habe eben nur ein konzeptionelles Modell aufgestellt, das die Tatsache erklärt, warum gerade beim Wetter so viele ganz obergscheit mitreden wollen, ohne sich auch einmal etwas von Anfang an erklären zu lassen.

Gelobt seien die Wetterinteressierten, die sich von *uns* gerne auch etwas komplexeres erklären lassen möchten, zuhören und mitdenken. Das macht dann auch mir Spass, denn nur so bleibt das Meteorologenhirn gefordert und jung. Ausserdem ist die gelungene verständliche Erklärung ein ganz guter Beweis dafür, ob man etwas selbst verstanden hat, oder nur so tut.

lg

Manfred

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