Dienstag, 2. März 2010

Ein Tag voller Überraschungen: Blitze und was bitte schön ist Shapiro-Keyser ?

Hallo,

das australische Wetter ist fad, während in Mitteleuropa man nicht aus dem Staunen herauskommt. Überraschend für viele hat sich heute knapp östlich der Staatsgrenze (Burgenland) ein schweres Gewitter gebildet, das über Westungarn als rightmover nach Südosten zog und recht kräftige Anwandlungen einer zumindest teilweise superzellenartigen Erscheinung hatte. Auf den ersten Blick sieht die Wetterlage am Abend des 1.3 nicht unbedingt allzu gewittrig aus, im Detail betrachtet hätte man vielleicht vorher draufkommen können. Zusammengefasst war der Tag in der Osthälfte Österreichs von Rückseitenwetter in deutlich erwärmter Polarluft geprägt (Xynthias leftovers). Mit dem Westwind konnte die Atmosphäre gut bis 16 Grad durchheizen. Mehr war aus der Luftmasse nicht herauszuholen. Man sieht in der 00-h Analyse (etwas nach dem Gewitter) aber eine schwach wellende Frontalzone mit kleinem Bodentief über Slowenien und Südungarn. Es ist davon auszugehen, dass am Abend vorübergehend in der unteren Troposphäre mit dieser Welle äquivalentpotentiell etwas wärmer temperierte Luft nach Westungarn und ins südliche Burgenland geführt wurde und daher die Labilität vorübergehend hoch genug zur Auslösung von Konvektion war.

 

  

Die zweite Karte zeigt, dass die Windgeschwindigkeit in 500 hPa bei etwa 40 knoten Mittelwind lag, zusammen mit der beinahe Windstille in den untersten Atmosphärenschichten ergibt das schon ganz nette Windscherung, was der Stärke der Zelle durchaus zu gute kam.
So sieht die Entwicklung auf dem Radar aus:


 


Dem Günser Gebirge wird wahrscheinlich auch ein mächtiger Anteil an der Auslösung der Konvektion zuzuschreiben sein !
 

  

  

  


Dass es sich wirklich um ein schweres Gewitter gehandelt hat zeigt mein Algorithmus zur Bestimmung der Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Hagelschlossen grösser als 2cm:

 

Blitze gab es auch en Masse (Reihenfolge: Alle, Wolke-Boden, Wolke-Wolke)

 

  

Wie gesagt, da habe ich nicht schlecht gestaunt als ich heute in der Früh aufgestanden bin.


Die zweite Augenweide (aus Meteorologensicht) liegt über dem Atlantik. Eine weitere Shapiro-Keyser Zyklone. Bis vor 3 Wochen hab ich auch nicht gewusst, was das ist, aber man lernt nie aus. Die sieht so aus:


 

Charakteristisch an einer SHPK Zyklone ist auf den ersten Blick die Form. Statt eines klassischen Kringels findet man etwas das wie ein Hammer (für Steakliebhaber T-Bone) aussieht, wo man bei *normalen* Zyklonen eher den recht symmetrischen Kringel erwartet. Nicht nur die Form ist anders, es gibt Unterschiede in der Auswirkung. Dominant ist bei SHPK Zyklonen die Warmfront und die Okkusion (die beiden Seiten des Hammers oder Pilzes, wie man will), auch was die Wetteraktivität angeht, während bei den klassischen Zyklonen die Wetteraktivität an Kaltfront und Okklusion konzentriert ist.
Hier ein Diagramm das die Unterschiede verdeutlicht:




Auch die herbe Xynthia war eine Shapiro-Keyser Zyklone:


In die Unterschiede der Entstehung lese ich mich gerade erst ein, soviel sei aber gesagt. Richtig fassen kann man die Genese und Unterschiede bei den Zyklonentypen wahrscheinlich nur, wenn man sich der relativen Welt der relativen Ströme, den conveyor-belts, Betrachtungen auf isentropen Flächen u.ä aussetzt. Sobald ich das Erststudium abgeschlossen habe und mal richtig den Obergscheiten raushängen lassen will, werde ich das hier tun...

Schönen Tag

Manfred


PS. Ich möchte allen Lesern, die an detailreicheren gebirgsmeteorologischen Aspekten des Wetters in Österreich interessiert sind, den Blog von Clemens T. ans Herz legen. Für eine Zusammenschau vor allem der modernen und zeitgemäßen Synoptik sei die Seite von Felix W. empfohlen.

4 Kommentare:

  1. ad 1) Das Zagreb-00z-Sounding zeigt schöne potentielle Instabilität:

    http://weather.uwyo.edu/upperair/images/2010030200.14240.skewt.gif

    Die gut durchmischte Schicht zwischen 850 hPa und 950 hPa ist Überbleibsel der tagsüber entwickelten Grenzschicht (vgl. 12z-Sounding)

    Wenn man sich einen Hebungsmechanismus durch PCA oder die Anströmung eines Gebirges vorstellt, dann dürften da durchaus an die 1000 J/kg CAPE zur Verfügung gestanden haben.

    ad 2) Zu unserem Rätsel, ob die entstandene Gewitterlinie die Kaltfront oder postfrontale Konvektion war:

    http://i49.tinypic.com/262xugx.jpg

    Also ich bin der Meinung, dass es die Kaltfront war, weil sich im Wasserdampfbild unmittelbar stromaufwärts der Linie eine starke Dry Intrusion zeigte. Diese entstehen - soweit ich bisher beobachten konnte - immer postfrontal, vermutlich unterstützt durch die frontogenetische Querzirkulation. Mit dem Überstreichen der trockenen Luft aus der Dry Intrusion wird an der Kaltfront potentielle Instabilität kreiert. Die hohe/mittelhohe Bewölkung vorlaufend zur Gewitterlinie würde ich dem warmen Förderband zuschreiben.

    Gruß,Felix

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  2. sehe ich ein... @2, 1 ist *klar*. @2 was ist dann d.E nach das sehr niederschlagsaktive und am sat sehr specktakuläre Gedings im WCB ( Nordafrika, angrenzendes Mittelmeer) ?

    http://www.phix.cc/D2u.jpg

    lg

    M.

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  3. ah ja, eins noch. gut, Zagreb ist dann doch noch ein Stückl entfernt (ca 250km Luftlinie).

    Ich find die Bildung im Freiluft-Lee des Günser Gebirges (Immerhin 883m) und das anfängliche *Klebenbleiben* des Zellkerns im Lee des Gebirgsstockes zumindest optisch interessant. Ein Leewellerl mit großer Amplitude wegen fast neutraler Schichtung ? Speckulation ist was nettes

    Lg

    Manfred

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  4. http://www.satreponline.org/today_12.php?width=1280&height=1024&date=2010030212

    Schaut mir nach einem Randtief über Nordwestafrika aus (siehe Bodendruckanalyse), schön auch der sting jet (10m-Windfeld) am Schwanz der eingeringelten Okklusion.

    Leider funktioniert das Overlay das TFP just zum Zeitpunkt der Gewitterlinie nicht...

    ad Leegewitter: es gibt da aus den USA ein forecast/analysesoundingtool, wo man den Scorer-Parameter plotten kann, ob das hier hilfreich wäre?

    Gruß,Felix

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