Samstag, 13. November 2010

Regionale Modellverifikation von Carmen

Hallo,

Kollege Felix hat in seinem Kommentar zu meinem letzten Posting angefragt, ob ich mir erklären könnte, warum die Carmen als Sturmtief so *lasch* auf Süddeutschland und Österreich gewirkt hat. Die Frage die ich mir zuerst stelle, ist war Sie überhaupt lasch, und hat Carmen die Erwartungen auf Grund der Prognosen erfüllt oder nicht erfüllt.

Ich nehme die Antwort vorweg, ich denke Carmen war nicht gar so lasch und hat sich genau im Bereich der Erwartung bewegt. Die Erwartung führt zu der Frage, was man aufgrund welchen Modells erwartet hat.  Darum möchte ich mich heute kümmern bzw. die doch teils gravierenden Unterschiede in den Modellprognosen für Freitag früh aufzeigen und werten.

Am intensivsten war Carmen am Freitag in der Früh zwischen 05 und 07z, also zwischen 6 und 8 Uhr Ortszeit. Da traten in Bayern ein paar 100-er Böen auf, in Österreich bis zu 94 km/h (Kremsmünster).

Die Prognose des GFS für diesen Zeitpunkt (basierend auf dem Lauf von Donnerstag 06 Uhr):


Die beiden Britischen Modelle:



Das ARW4km, auf das ich meine Aussagen zu Carmen am Donnerstag gestützt habe:


Im ersten Modell, dem GFS ist überhaupt kein Frontsignal zu sehen, mäßiger bis lebhafter Südwestwind im gesamten Bereich.

In den Britischen Modellen ist ein leichtes Frontsignal zu sehen (Winddrehung über München), mit Mittelwindprognosen um die 20, 22 knoten.

Im ARW ist ein starkes Frontsignal zu sehen, mit einem markanten Windsprung auf Westnordwest bzw. Nordwest hinter der Front und einem schmalen Sturmstreifen unmittelbar vor der Front mit Windwerten bis 30 Knoten, einzelne bis 35 Knoten.

Jetzt zur tatsächlichen Beobachtung um 6Z (7 Uhr)


An Hand der Windrichtungen sieht man ein markantes Frontsignal von etwas nördlich von München bis rein ins Innviertel und Mühlvirtel (Windsprung von Südwest auf Nordwest). Unmittelbar vor der Front treten stellenweise Mittelwinde zwischen 50 und knapp 70 km/h auf, also 27 bis 35 Knoten.

In so fern war die Angelegenheit vom ARW quantitativ und zeitlich richtigbeinahe exakt eingeschätzt worden, während bei den anderen Modellen Defizite im Vergleich zur Beobachtung auftraten, insbesondere beim GFS. Auch der ARW Maxböenfaktor passt zu den einzelnen Meldungen über 100km/h:


Allerdings etwas zu früh (2-3 Stunden). Was im ARW nicht gepasst hat, war die zu östliche Position des Sturmfeldes über dem Bodensee. In Wahrheit fand der Sturm mit Böen bis 98 km/h nur ca. 30km weiter westlich statt, nicht aber über dem östlichen Bodensee. Ob es dafür eine orografische Erklärung gibt, weiß ich nicht.

Die stärksten Böen traten wie gesagt direkt bei Kaltfrontdurchgang auf, und die Kaltfront hatte eine Struktur, wie sie bei vielen anderen Sturmtiefs auch vorkommt: Nämlich ein schmales Band mit hohen Intensitäten direkt am Vorderrand der Niederschläge. Mit Kaltfrontdurchzug war die Sache schnell wieder vorbei.

Tatsache ist, dass bei Carmen *mehr* an Böen drin gewesen wäre:


Wir sehen in 850 hPa Mittelwinde von 65 bis knapp über 70 Knten, da wären schon 110, 115 mit einer Kaltfront dringewesen. Ein erster Hinweis findet sich in den Temperaturen. Selbst die Kaltfront schaffte es nicht, die untersten 1000, 1500m voll zu durchmischen (850-er Temperaturen bei 3-8 Grad, am Boden vor der Front 12 Grad (nicht durchmischt(, dahinter 8 Grad (erst recht nicht durchmischt). Somit konnte die Höhenströmung nicht voll heruntergemischt werden. Es mag daran liegen, dass die KF an ihrer südlichsten Position ankam, unmittelbar vor dem Umkippen ins warmaktive zurückwandern und die Kaltluft daher sehr flach einfloss. Ich könnte mir vorstellen, wär die Front zügig wie bei anderen Sturmtiefs über die Alpen und weiter zum Balkan gezogen, hätte es mehr gegeben, so aber gabs dynamische Stagnation.

Das war auf absehbare Zeit das turbulenteste Ereignis (abgesehen von Föhn am Sonntag), in den kommenden 10 Tagen wird man auch so eine nicht allzu tobsüchtige Carmen beim mitteleuropäischen Wettergeschenen vermissen.

Lg aus dem dauerverregneten Melbourne (in Wien ist es in aller Herrgottsfrühe schon um 4 Grad wärmer als es hier am Nachmittag war...)

Manfred

2 Kommentare:

  1. Eine Notiz von meiner Kollegin, die ich mir sehr zu Herzen nehme, da hätt ich Koffer auch selber drauf kommen können, bzw. die Schweizer Topo studieren können ..

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    da dein Blog meinen Kommentar partout haben nicht will, auf diesem Weg:
    "...nicht aber über dem östlichen Bodensee. Ob es dafür eine orografische Erklärung gibt, weiß ich nicht."
    Gibt es. Bei Südwest wird der Bodenwind durch die Hügel im St.Gallisch-Appenzellischen Vorland abgehoben. Das Rheindelta und die Bregenzer Bucht sind dann nahezu völlig windgeschützt. Für ordentlichen Sturm an der südlichen Seehälfte braucht es W, noch besser WNW - oder dann gleich reinen Südföhn.

    Grüßlis

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  2. kann ich bestätigen.
    meine wetterstation hat knapp nach 7h in kirchschlag bei linz eine 92 km/h böe gemessen und diese böen waren durchaus giftig, wenngleich recht kurz.
    lg
    christian

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Da kenntat ja jeder kumman ...! Dennoch ... Hier ist Platz dafür :) !