Mittwoch, 26. Mai 2010

Die schöne Burgenländerin

Hallo,

halbwegs genesen ist es mir eine Freude, Teile des gestrigen Wetterablaufs in Österreich aufzurollen. Es ist ja Einiges geschehen... klimatologisch interessant, dass es an 2 Stationen in Österreich erstmals ein Temperaturmaximum von größer gleich 30 Grad gegeben hat... Leibnitz-Wagna hatte 30,1 Grad, Feldkirchen 30,0 ...

Hier die Temperaturverteilung um 16 Uhr:


Und die Liste aller Stationen über 29 Grad:


Dem geneigten Leser und der noch geneigteren Leserin fällt in der Temperaturkarte der vergleichsweise kühle Nordosten auf... was war denn ja ? Richtig. Dort hats um die selbe Zeit schwer gescheppert.

Unter den vielen Zellen, die es um die Zeit und auch später noch in Österreich gab, such ich mir die aus, die es wegen schweren Unwetterschäden in die Nachrichten geschafft hat... die Burgenländerin.


Wir beginnen mit der Landeshymne des Burgenlandes:




(kannte ich noch nicht .. ist aber für so ein kleines Bundesland sehr epochal und breit).

Zum Wetter...  das Infrarotbild zeigt Österreich in einer westlichen Höhenströmung, mit einer recht augenscheinlichen Änderung des Bewölkungstyps knapp nördlich unserer Landesgrenzen:


Zoom Mitteleuropa (14 Uhr) :


Hochauflösendes Polarsatellitenbild (14:55):


Im Wasserdampfbild sehen wir Österreich im Übergangsbereich zwischen einen feuchten Schliere im Norden und trockener Luft im Süden, in diesem Grenzbereich sind um 14 Uhr auch schon die ersten Gewitterbildungen punktuell zu sehen..


Zoom Mitteleuropa:



Beides, der Übergang von feuchterer zu trockenerer Luft im Norden Österreichs, als auch der Übergang in zelluläre Bewölkung nördlich von uns deuten auf eine schwach aktive Frontalzone, die knapp nördlich der Landesgrenze verharrte.

Dies spiegelt sich auch in den Labilitätsprognosen der Modelle für den fraglichen Zeitraum wider:


Die ersten Zellenbildungen des nachmittags gab es im Wald- und Mühlviertel, sowie an der Grenze Tschechien-Österreich .. Anbei nun Schnappschüsse der Entwicklung der Radarechos am Nachmittag:



















Wir sehen an dieser Sequenz von ca. 15 bis 18 Uhr 2 markante Entwicklungen: die erste: Ausgehend von einer Linie von Zellen an der Grenze zwischen dem Weinviertel und Tschechien, schert eine Zelle nach Süden aus, nimmt zwischendurch auch durchaus ein paar äußere Erscheinungsformen einer Superzelle an und zieht weiter über das nördliche Marchfeld in die Slowakei.

Die zweite Entwicklung: Am Rand eines alten Komplexes der vom Waldviertel kommend über den Wagram Richtung Wien zieht, verstärkt sich vor und über der Stadt deutlich, schert nach Süden aus, verstärkt sich im Bereich Bruck an der Leitha nochmals massiv und zieht als massives Squall-Line artiges, kurzzeitig auch Bowechoförmiges Gebilde vor allem über die östlichen Teile des Neusiedler Sees und den Seewinkel nach Süd-Südost.

Jetzt kann man sich fragen, warum es am Nachmittag zuerst im Nordosten los ging, wo doch die Labilitätswerte im Süden Österreichs viel höher waren ? Gute Frage, aber leichte Antwort: Labilität ist ein Potential, das erst einmal ausgelöst werden muss. Und da gab es im Nordosten ein delikates Detail, das der Süden nicht für sich verbuchen konnte... zumindest nicht zu diesem Zeitpunkt. Eine ausgeprägte Windkonvergenz, wie die nachfolgenden Stationskarten zeigen.











Der Zeitraum umfasst 14-18 Uhr in ein-Stunden-Schritten. Die rote Linie markiert die Konvergenzlinie zwischen Ost-Südwind und westlichen Komponenten. An der Linie gibt es ein Zusammenströmen, das in Vertikalbewegung resultiert, im Bereich dieser Linien bilden sich bei vorhandener Labilität bevorzugt. Man sieht, dass die Linie erst kaum vom Fleck kommt, später aber mit den heftigen Gewitterbildungen rasch nach Südosten wandert.



Hier nun noch die komplette Animation der Radarechos und der Blitze im Zeitraum zwischen 14 und 18 Uhr.










Auffallend ist die regelrechte Explosion der Blitzaktivität über dem östlichen Wien und dem Seewinkel..

Hier noch 3 Bilder, die auf unsere Facebookseite bzw. auf die Unwetterzentrale hochgeladen wurde... ( ich setze das Einverständnis der Urheber einmal voraus)

Explosive Phase über Wien


Geschossen von Kollege Steffen ..


Geschossen von UWZ-Nutzer Harleybear - Simmering

Zelle über dem Seewinkel (von Wiener Neustadt aus geschossen)


geschossen von Mathias Stampfl (Skywarn Austria). Man beachte den wunderschönen Pileus


Um langsam zum Schluss zu kommen, noch eine Detailbetrachtung der Blitzverteilung....


Das sind alle registrierten Blitze der letzten 24 Stunden, darüber gelegt der Hagelparameter (Wahrscheinlichkeit für Hagel größer 2cm). Sowohl die Weinviertlerin als auch die Burgenländerin sind in ihren Spuren gut zu erkennen.

Versuchen wir nun eine Aussage über die Schwere der Gewitter zu machen.


Diese Karte zeigt alle Bodenblitze...


.. und diese alle Wolkenblitze. Die Charakteristik springt ins Auge... und die Spreu trennt sich vom Weizen .. als die Burgenländerin noch über Wien war, gab es hauptsächlich Bodenblitze... gefährlich zwar, spricht aber nicht für ein Schwergewitter, Richtung Burgenland explodiert dann die Zahl der Wolkenblitze.. wird haben es also mit einem Brummer zu tun ... ebenso wie die Zelle über dem östlichen Weinviertel und der Grazerin. Über Vorarlberg sind die Wolkenblitze wiederum vergleichsweise spärlich gesät.


Zusammenfassend. Eine schöne Schwergewitterlage. Der Nordosten in der nähe einer Front, starke Scherung und Labilität vorhanden, bodennah existierte eine stark konvergente Situation, getriggert wurde an der Konvergenz, danach ein Selbstläufer. Schäden im Burgenland (Neusiedl und Seewinkel) wahrscheinlich durch die Böenfront/Downburst verursacht, zumindest braucht man keinen Tornado um das zu erklären. Ich mein, ausschließen kann man auch den T. nicht, aufgrund der Scherung und der Regenraten im Bereich des Gewitters kann ich mir lokal 120-140 km/h an Gewitterböen durchaus vorstellen, was zu den Schäden wie Dach+Dachstuhl weg, Fenster eingedrückt etc, dann schon irgendwie passt. Ich revidiere das natürlich, wenn ein Foto mit einem Rüssel auftaucht, oder auf Tornados passende Schäden gefunden werden.

Im Süden zwar labiler und wärmer, allerdings kein Forcing durch Konvergenzlinie und auch schwächere Scherung, deshalb spätere Auslöse.

Mal schauen was der heutige Tag bringt.

Lg

Manfred

Quellenangabe: Radar by Austrocontrol, Satellitendaten by Univ. of Dundee und Uni Bern, Blitze by UBIMET, Stationsdaten by UBIMET, Zamg, CHMI

3 Kommentare:

  1. Hallo. Auch in Innsbruck-Universität wurden die 30 °C geknackt.(http://imgi.uibk.ac.at/main/innsbruck - zu sehen sind allerdings die 10-Mittel).

    SG Clemens

    AntwortenLöschen
  2. Ui, das hab ich glatt übersehen. Danke Dir für den Hinweis.... da waren es schon drei :)

    AntwortenLöschen
  3. Und es gab gleich 2 Gewittertage in Innsbruck, Donner kurz vor Mitternacht (Zelle nördl. von Innsbruck), und wenige Erdblitze/mäßiger Regen für 5min nach Mitternacht.

    Insgesamt schon 5 Gewittertage, aber nur der vom 25. April verdient seinen Namen wirklich.

    Gruß,Felix

    AntwortenLöschen

Da kenntat ja jeder kumman ...! Dennoch ... Hier ist Platz dafür :) !